Studien legen nahe, dass das Mikrobiom im Darm unsere Gefühle, unser Verhalten und die Entstehung verschiedener Krankheiten beeinflussen könnte.
Die sogenannte Darm-Hirn-Achse verdeutlicht die enge Verbindung zwischen unserem Darm und der psychischen Gesundheit. Dieser Informationsaustausch könnte erhebliche Auswirkungen auf unser Wohlbefinden haben. „Die Entdeckung, dass die Bakterien in unserem Körper unsere Gesundheit und sogar unsere Persönlichkeit beeinflussen können, gehört zu den bedeutendsten der letzten Jahrzehnte“, erklärt Anthony L. Komaroff von der Harvard Medical School laut Tagesschau.
Unser Darm beherbergt eine Vielzahl von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Viren, die gemeinsam das Mikrobiom bilden. Schätzungen zufolge leben zwischen 30 und 100 Billionen dieser Mikroorganismen in uns. Sie spielen eine essenzielle Rolle, indem sie die Verdauung unterstützen, wichtige Substanzen produzieren und vor Krankheitserregern schützen. Andreas Stengel, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie, beschreibt den Darm als ein Organ, das „durch unsere Nahrungsaufnahme ständig mit der Umwelt interagiert“. Diese Interaktion ermöglicht über die Darm-Hirn-Achse, die durch Nervenfasern und Botenstoffe im Blut vermittelt wird, eine Kommunikation mit dem Gehirn.
Darm und Psyche: Einfluss auf Emotionen und kognitive Funktionen
Neuere Studien zeigen, dass das Darmmikrobiom unser emotionales und psychisches Befinden beeinflussen könnte. Forschungen haben beispielsweise gezeigt, dass bestimmte Bakterienarten das Hormon Oxytocin produzieren, welches soziales Verhalten fördert. „Andere Bakterien produzieren wiederum Substanzen, die Symptome von Depressionen und Angstzuständen auslösen können“, fügt Komaroff hinzu.
Insbesondere in tierexperimentellen Studien wird der Zusammenhang zwischen Darm und Psyche deutlich. So führte die Übertragung von Stuhlproben ängstlicher Mäuse auf keimfreie Artgenossen zu ängstlichem Verhalten. Stengel, der seit etwa 20 Jahren die Darm-Hirn-Achse erforscht, berichtet von weiteren Experimenten, in denen Mäuse durch die Übertragung bestimmter Mikroben Verhaltensweisen zeigten, die an Depressionen erinnern oder sogar zu Übergewicht führten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Mikroorganismen möglicherweise emotionale und körperliche Zustände beeinflussen können.
Vielfältige Verbindungen zu Krankheiten
Jane Foster, Neurowissenschaftlerin am UT Southwestern Medical Center, erwähnt laut Tagesschau, dass signifikante Unterschiede im Mikrobiom von Personen mit metabolischen, psychiatrischen und neurologischen Störungen zu finden sind. Es gibt Anzeichen dafür, dass Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Autismus mit einer veränderten Zusammensetzung des Mikrobioms in Verbindung stehen könnten. Ein wichtiger Faktor dabei ist das Protein Synuclein, das sowohl im Gehirn von Parkinson-Patienten als auch von Darmbakterien produziert wird und möglicherweise über Nervenbahnen vom Darm ins Gehirn gelangt, was die Krankheit fördern könnte.
Menschen mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen scheinen auch ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen zu haben. Umgekehrt erhöht eine psychische Erkrankung ebenfalls das Risiko für Magen-Darm-Probleme, wie Stengel erklärt, was die komplexe Wechselwirkung zwischen Darm und Psyche nochmals hervorhebt.
Ursachenforschung bleibt eine Herausforderung
Obwohl zahlreiche Hinweise auf eine Verbindung zwischen Darm und Psyche vorliegen, bleibt die genaue Ursache-Wirkungs-Beziehung unklar. „Es ist manchmal schwierig, dies im realen Leben zu untersuchen“, meint Stengel. Es sei zwar ein Zusammenhang erkennbar, jedoch sei es nicht immer eindeutig, ob der Darm das Gehirn beeinflusst oder umgekehrt. Eindeutige Erkenntnisse gibt es bisher nur beim Reizdarmsyndrom: Hier scheint eine dysfunktionale Darm-Hirn-Achse teilweise für die Erkrankung verantwortlich zu sein.
John F. Cryan und Sarkis K. Mazmanian, Forscher aus den USA, vermuten in ihrer Studie, dass ein „ungesundes“ Mikrobiom nicht zwangsläufig eine Krankheit auslösen muss. Es könnte vielmehr die Resilienz gegenüber genetischen Prädispositionen, ungesunden Lebensweisen oder Stress mindern. Ein dadurch weniger widerstandsfähiger Körper und Geist könnten anfälliger für bestimmte Krankheiten sein, ohne dass die Mikroorganismen diese direkt verursachen.
Probiotika als mögliche Therapiemethode?
Die Erkenntnisse über die Darm-Hirn-Achse eröffnen neue Möglichkeiten für therapeutische Ansätze, insbesondere im Bereich der Probiotika. Diese könnten dazu dienen, das Mikrobiom zu modifizieren und dadurch eventuell psychische Beschwerden zu lindern. „Dazu gibt es schon erste Daten, aber wir stehen noch ganz am Anfang“, gesteht Stengel. Auch die Übertragung von Stuhl gesunder Personen auf erkrankte Patienten wird untersucht. Diese Methode ist jedoch bisher nur für schwere Infektionen mit Clostridium Difficile Colitis zugelassen, da solche Interventionen auch Gefahren bergen können. „Man kann durchaus auch unerwünschte Krankheiten mit dem Stuhl übertragen, wie infektiöse Erkrankungen“, warnt Stengel.
Mikrobiom bleibt ein individuelles Mysterium
Die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Darm und Psyche wird durch die individuelle Beschaffenheit des Mikrobioms zusätzlich kompliziert. Stengel illustriert dies mit einem Beispiel: „Heute bin ich aus Tübingen zugeschaltet“, sagt er während eines Video-Interviews. „Würde ich mich morgen aus Berlin zuschalten und mich anders ernähren, wäre meine mikrobielle Zusammensetzung eine andere, obwohl ich mich körperlich möglicherweise genau gleich fühlen würde.“ Diese Variabilität erschwert präzise wissenschaftliche Aussagen und stellt eine Herausforderung bei der Entwicklung von Therapien dar.
Trotz fortschrittlicher Messverfahren und einer immer besseren Standardisierung der Analysen ist die Forschung für eine therapeutische Nutzung des Mikrobioms noch weit entfernt von praktischen Anwendungen. Komaroff schätzt, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis die Wissenschaft versteht, wie man die Mikroorganismen im menschlichen Körper so manipulieren kann, dass sie gezielt zur Verbesserung der Gesundheit eingesetzt werden können. „Aber ich denke, wir werden es herausfinden.“
Was Sie sich merken sollten:
- Die Darm-Hirn-Achse zeigt eine enge Verbindung zwischen Darm und Psyche, wobei das Darm-Mikrobiom unsere Emotionen und kognitiven Fähigkeiten beeinflussen kann.
- Veränderungen im Mikrobiom stehen im Zusammenhang mit Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und psychischen Störungen.
- Die Forschung zum Zusammenhang von Darm und Psyche eröffnet Perspektiven für Behandlungen mit Probiotika und Stuhltransplantationen, obwohl Ursache und Wirkung noch nicht vollständig geklärt sind.
Übrigens: Eine ausgewogene Ernährung stärkt das Immunsystem, da bestimmte Nährstoffe gezielt die Abwehrkräfte fördern. Welche Nährstoffe entscheidend sind, erfahren Sie in unserem Artikel.
Der Beitrag Mikrobiom und Psyche: Wie der Darm unser Denken und Fühlen lenken kann erschien zunächst bei unserem Partner smart up news.
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