Die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung für die Krebsprävention ist nicht zu unterschätzen. Eine Fachfrau gibt Einblicke in die wesentlichen Aspekte einer gesunden Ernährung und beleuchtet das größte Ernährungsrisiko für Krebs.
Nicole Erickson, eine Spezialistin in den Bereichen Krebsprävention und Diätetik, leitet die wissenschaftliche Koordination am Interdisziplinären Zentrum für Ernährungsmedizin der LMU München sowie am Krebszentrum München – Comprehensive Cancer Center (CCC LMU). Sie integriert Forschung und Praxis, um Ernährungsrichtlinien zu entwickeln, die effektiv das Krebsrisiko minimieren. In einem Gespräch erklärt sie die Verbindung zwischen Ernährung und Krebsprävention. Erickson betont, dass Prävention viele Bereiche umfasst, einschließlich Impfungen, UV-Schutz, Vorsorgeuntersuchungen, Nichtrauchen, Alkoholverzicht, körperliche Aktivität und Gewichtsmanagement. Eine gesunde Ernährung ist dabei von zentraler Bedeutung.
Welche Rolle spielt die Ernährung beim Krebsrisiko?
Nicole Erickson: Die Antwort ist nicht einfach, denn der gesamte Lebensstil ist entscheidend. Ein optimaler Lebensstil kann das Krebsrisiko um 30 bis 40 Prozent reduzieren, so die WHO. Doch zu einem gesunden Lebensstil zählen auch Bewegung und der Verzicht auf Übergewicht, Tabak und Alkohol. Es ist die Kombination dieser Faktoren, die wirksam ist.
Gibt es bei Nahrung und Getränken einen besonders gefährlichen Krebsrisikofaktor?
Nicole Erickson: Absolut, und das ist Alkohol. Früher dachte man, dass geringer Alkoholkonsum harmlos sei. Doch heute werden diese Grenzwerte immer weiter gesenkt. Aktuell wird empfohlen, dass Frauen täglich höchstens ein halbes Glas und Männer ein Glas Wein trinken sollten.
Viele denken, sie könnten unter der Woche auf Alkohol verzichten und am Wochenende mehr trinken. Diese Rechnung geht jedoch nicht auf, das Krebsrisiko steigt signifikant. Alkohol ist ein dosisabhängiger Risikofaktor. Es gibt zunehmend Empfehlungen, ganz auf Alkohol zu verzichten oder ihn nur gelegentlich zu genießen.
Warum ist Alkohol so gefährlich?
Nicole Erickson: Alkohol kann die Wirkung von Medikamenten verändern und Nebenwirkungen verstärken. Aber vor allem schädigt Alkohol die Zellen, und aus diesen Schäden kann Krebs entstehen.
Wie steht es um verarbeitetes Fleisch wie Wurst und Schinken?
Nicole Erickson: Diese Produkte stehen gleich hinter Alkohol auf der Risikoliste. Die WHO warnt, dass schon 100 Gramm Wurst oder rotes Fleisch pro Tag das Krebsrisiko um zwölf Prozent erhöhen können, insbesondere Darmkrebs.
Was sollten wir noch über Fleisch und Krebsrisiko wissen?
Nicole Erickson: Es gibt Hinweise darauf, dass hoher Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch auch mit Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs in Verbindung stehen könnte. Fleisch und Wurst sind dosisabhängige Risikofaktoren – weniger ist also besser. Ernährungswissenschaftler empfehlen, nicht mehr als 500 Gramm unverarbeitetes Fleisch pro Woche zu essen, aufgeteilt auf zwei bis drei Mahlzeiten. Bei Wurst liegt die empfohlene Höchstmenge sogar nur bei 70 Gramm pro Woche.
Was macht Wurst so ungesund?
Nicole Erickson: Verarbeitetes Fleisch enthält viel Salz und Nitrat. Bei der Verdauung bilden sich daraus Nitrosamine, die krebserregend sind. Nitrat wird auch verwendet, um Fleisch rot zu färben, was ähnliche Risiken birgt.
Erhöht heiß zubereitetes Fleisch das Krebsrisiko?
Nicole Erickson: Beim Braten oder Grillen von Fleisch können sich heterozyklische aromatische Amine und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bilden, die das Risiko für Darmkrebs erhöhen können. Rotes Fleisch enthält zudem Hämeisen, das das Darmkrebsrisiko in größeren Mengen ebenfalls steigern kann.
Haben auch Milch und Milchprodukte ein Krebsrisiko?
Nicole Erickson: Die Frage, ob Milch Krebs fördern kann, wird oft gestellt. Einige Studien bestätigen diesen Verdacht teilweise, besonders in den USA, wo Milchkühe oft Wachstumshormone erhalten. Diese Hormone sind in Deutschland und Großbritannien für Kühe verboten.
Ist der Verzehr von Milchprodukten bei Brustkrebs ratsam oder gilt Milch als gesund?
Nicole Erickson: Der Zusammenhang zwischen Milchkonsum und hormonabhängigem Brustkrebs ist nicht eindeutig. Es gibt Hinweise und widersprüchliche Ergebnisse. Andererseits zeigen Studien, dass Milchprodukte möglicherweise vor Krebs schützen können, wie die American Cancer Society hervorhebt. Sie empfiehlt Milch, da ihr Kalzium nachweislich vor Darmkrebs schützen kann.
Wie viel Milch(-Produkte) sind täglich empfehlenswert?
Nicole Erickson: Die Empfehlung lautet, ein bis zwei Milchportionen pro Tag zu konsumieren, die zusammen nicht mehr als 500 Gramm ausmachen sollten – also etwa ein Glas Milch, ein Schälchen Joghurt und zwei dünne Scheiben Käse.
Welche Rolle spielt Fett bei der Krebsentstehung?
Nicole Erickson: Ein höheres Körpergewicht, insbesondere Bauchfett, kann das Krebsrisiko steigern. Bauchfett produziert Substanzen, die die Bildung von Hormonen und krebsfördernden Stoffen anregen. Körperfett fungiert wie ein metabolisches Organ.
Daher ist Gewichtsreduktion ein wichtiger Bestandteil der Krebsprävention. Ist jedoch bereits Krebs diagnostiziert, sollten Patienten ihr Gewicht halten, da ein Gewichtsverlust Muskeln abbaut und das Immunsystem schwächt, was zu Therapieabbrüchen führen kann. Krebspatienten benötigen viel Energie, um den Krebs zu bekämpfen.
Steht Zucker im Verdacht, Krebs zu fördern?
Nicole Erickson: Zucker steht in Verbindung mit Übergewicht, einem Risikofaktor für Krebs. Daher ist es sinnvoll, den Konsum von Einfachzucker zu begrenzen. Jedoch gibt es keine ausreichenden Beweise dafür, dass Zucker direkt das Krebswachstum fördert. Die vorliegenden Daten stammen größtenteils aus Tierstudien. Ein Verzicht auf Zucker kann Krebs nicht heilen, und der Konsum von Zucker fördert ihn nicht.
Heißt das, Zucker ernährt Krebszellen?
Nicole Erickson: Das ist nur teilweise richtig. Unsere Zellen benötigen Zucker zum Funktionieren, sowohl gesunde als auch kranke Zellen wie Krebszellen. Wenn wir nicht genug Zucker zu uns nehmen, stellt der Körper seinen Stoffwechsel um, damit die Zellen trotzdem ausreichend Energie erhalten. Diese sogenannte Ketose soll kranke Zellen aushungern, eine Hypothese, die aus der Epilepsie-Therapie stammt. Ein strenger Zuckerentzug ist jedoch schwer durchzuhalten und kann den Körper stark belasten, was andere negative Folgen haben kann. Daher empfehle ich keinen strengen Zuckerentzug für Krebspatienten.
Wie wirken bestimmte Obst- und Gemüsesorten, die vor Krebs schützen sollen?
Nicole Erickson: Es ist wahr, dass eine ausgewogene Ernährung gesundheitlich vorteilhaft ist. Ich weigere mich jedoch, einzelne Lebensmittel als „krebspräventiv“ zu bezeichnen. Kein einzelnes Lebensmittel hat eine solche Wirkung, sondern der synergetische Effekt aller Lebensmittel zusammen. Es bringt nichts, monatelang täglich Brokkoli zu essen, wenn man dabei auf andere wichtige Lebensmittel wie Tomaten, Spinat, Paprika, Pilze, Kohl oder Hülsenfrüchte verzichtet. Eine abwechslungsreiche, farbenfrohe Ernährung ist ideal.
Schützen Himbeeren vor Krebs?
Nicole Erickson: Himbeeren sind gesund und haben weniger Zucker als viele andere Obstsorten. Wenn man jedoch immer nur Himbeeren isst, erhält man nicht die gesunden Phyto-Flavonoide und Vitamine aus anderen Früchten wie Pflaumen, Blaubeeren oder Äpfeln. Nur eine vielfältige Ernährung, die saisonal variiert, bietet diesen synergetischen Effekt. Zudem enthalten pflanzliche Lebensmittel viele Ballaststoffe, die zahlreiche positive Effekte haben, wie die Förderung einer schnellen Verdauung, die Senkung des Cholesterinspiegels, die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, das Sättigungsgefühl und damit das Erhalten eines gesunden Körpergewichts.
Was oft übersehen wird: Jeder Mensch verwertet Lebensmittel etwas anders, jeder hat einen unterschiedlichen Stoffwechsel. Außerdem spielt es eine Rolle, ob man Blaubeeren beispielsweise mit Joghurt isst oder im Müsli. Allgemeingültige Richtlinien zu bestimmten Lebensmitteln sind daher fragwürdig.
Was ist mit Fisch, dessen Fettsäuren wie Omega-3, insbesondere DHA Docosahexaensäure, krebspräventiv wirken sollen?
Nicole Erickson: Studien liefern unterschiedliche Ergebnisse, die Evidenz ist also schwach. Sicher ist Fisch wegen seiner Fettsäuren gesund, aber man sollte ihn nicht übermäßig konsumieren – wie Sie sagten, wegen Mikroplastik, Quecksilber. Wichtig ist zu wissen, dass größere Fische wie Thunfisch, Königsmakrele und Schwertfisch mehr Schadstoffe enthalten als kleinere, weil sie sich von vielen kleinen Fischen ernähren. Kleinere Fische sind zwar ebenfalls belastet, aber nicht so stark. Besonders stark belastet sind Miesmuscheln und Jakobsmuscheln, die ich auch als „Leber des Meeres“ bezeichne, weil sie Giftstoffe und Mikroplastik aus dem Wasser filtern und speichern. Besser ist es, Süßwasserfische aus der Region und kleine Meeresfische wie Hering, kleine Makrelen und Sardinen zu essen – die auch sehr viel Omega-3-Fettsäuren enthalten.
Gilt vegetarisches Essen als besonders gesund – auch im Hinblick auf Krebs?
Nicole Erickson: Dies ist ein wichtiges Thema, da uns dazu häufig Fragen erreichen. Aber es gibt keine ausreichenden Beweise dafür, dass eine gut geplante vegetarische Ernährung Vorteile bietet und sich besser zur Krebsprävention eignet als eine Ernährung mit etwas Fleisch. Viele vegetarische Fleischersatzprodukte sind zudem hochverarbeitete Lebensmittel mit vielen Zusatzstoffen und Aromen. Was vegan angeht – ein Mangel an Vitamin B12 und Eisen ist riskant, der Ausgleich ist oft nicht einfach. Die pflanzlichen Ersatzmöglichkeiten sind beschränkt und ihr Effekt oft nicht ausreichend.
Kann eine Anti-Krebs-Ernährung also auch Fleisch in Maßen beinhalten? Was gilt es noch zu beachten?
Nicole Erickson: Insgesamt muss die Balance stimmen. Doch wir alle essen zu viel Kohlenhydrate und Eiweiß, aber nicht genug Gemüse und Obst – auch ich. Richtig wäre: Teilen Sie Ihren Teller – die Hälfte des Tellers ist für Obst und Gemüse, die andere Hälfte zu einem Viertel für Kohlenhydrate wie Kartoffeln, Pasta, Reis, das andere Viertel für Eiweiß wie Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte. Das nenne ich einen 5-Sterne-Teller, die optimale, gesunde Ernährung, auch im Hinblick auf Krebsprävention.
Lässt sich das im Alltag gut umsetzen?
Nicole Erickson: Natürlich leben wir nicht alle in einem 5-Sterne-Hotel und jeden Tag diese Ernährungsform umzusetzen, es ist ein hoher Anspruch! Doch es funktioniert eigentlich ganz einfach, zum Beispiel beim Frühstück: Legen Sie neben Ihr Müsli oder Ihr Brötchen einfach noch eine Banane, einen Apfel, Radieschen. So können Sie immer näher an diese Teller-Einteilung herankommen.
Und ich empfehle meinen Patienten gerade im Hinblick auf Krebsprävention: Gehen Sie durch den Supermarkt oder über den Wochenmarkt und halten Sie Ausschau nach Obst- und Gemüsesorten, die Sie schon lange nicht mehr gegessen haben oder noch nicht kennen. Probieren Sie immer wieder mal was Neues aus, dann nähern Sie sich der idealen Ernährung – es wird abwechslungsreich, wobei Gemüse und Obst dominieren.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei unseren Kollegen von focus.de
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