Heilt beten?

Jeder Mensch hat in seinem Leben, in irgendeiner Form, gebetet. Forscher und Theologen streiten sich um das Thema, ob Beten heilen kann. Eine Studie zeigt: Meditationen verändern die Gehirnstruktur und schaffen neue Wege im Gehirn. In Wiesbaden gibt es sogar regelmäßige Heilungsgottesdienste, die Heilung vor Krankheiten versprechen.

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Die Meditation als Gebet

Unterschiedliche Meditationsformen kommen aus dem Buddhismus. Es gibt die Achtsamkeitsmeditation und die Entwicklung von Mitgefühl gegenüber dem Menschen. Die erste Meditationsform ist detailliert untersucht. Es kann bestätigt werden, dass die Achtsamkeit sich steigert. Sara Lazar aus Boston hat herausgefunden, dass sich nicht nur die Achtsamkeit verbessert, sondern auch Schmerzen gelindert werden. Dabei werden zwei Gehirnareale, die für den Schmerz verantwortlich sind, angesprochen. Die körperliche Empfindung und die Vermittlung des Leides, werden dabei abgeschwächt und der Mensch empfindet einen spürbaren Effekt.

Sara Lazar vom Massachusetts General Hospital in Boston, hat in einer Studie nachgewiesen, dass sich die Meditation auf die Gehirnstruktur auswirkt. Ebenso wurde belegt, dass Meditation die Aufmerksamkeit verbessert. Tania Singer, aus dem Max-Planck-Institut in Leipzig, ist aufgefallen, dass der Effekt der Meditation erst nach Wochen oder Monaten auftritt. Daher reiche keine einmalige Meditation, sondern muss geübt werden, damit das Gehirn sich an den Zustand der Meditation gewöhnt. Dann können Erfolge, wie Linderung der Schmerzen, eintreten.

Jede Woche eine Heilung

Andreas Herrmann, aus dem Christlichen Zentrum in Wiesbaden, hält jeden Monat einen Heilungsgottesdienst ab. Dabei treffen sich mehrere hundert Menschen. Sie beten und singen. Der Prediger Hermann begibt sich zu seinem Publikum und spricht den Kranken direkt an. Nach Angaben von Hermann erkenne er die Krankheit der Gottesdienstbesucher in einigen Fällen, ohne den Kranken zuvor gekannt zu haben. Nach seinen Angaben seien viele Menschen, die seinen Gottesdienst besuchten, geheilt worden. Schwere Krankheiten, wie Kehlkopfkrebs, habe er heilen sehen.

Die freie Evangelikale Gemeinde hält diese Gottesdienste seit dem Jahr 2000 ab. Im Laufe der Zeit seien viele Zeugnisse gefunden worden, dass Menschen, durch die Kraft der Gebete geheilt wurden. Die größte Heilung fand durch das Telefon statt. Jeder im Saal sollte einen kranken Verwandten anrufen, damit sie geheilt werden können. Laut Angaben von Andreas Herrmann hat das funktioniert. Er sagt ebenso, dass die Heilung nicht jedes Mal gelinge und das alleine von Gott abhängig sei. „Ich bin nicht der Heiler, sondern Gott heilt.“ so Herrmann.

In der Klinik Hohemark wird mit dem Gebet gearbeitet

Die psychiatrische Klinik Hohemark hat eine ganz spezielle Art gefunden, die Schmerzen der Patienten zu lindern. Neben den Gesprächen mit einem Geistlichen werden, auf Wunsch, gemeinsam Gebete gesprochen. Die Schmerzen würden durch die Gebete gelindert werden, berichtet Dr. med. Martin Grabe aus der Klinik Hohemark. Menschen, die nicht an Gott glauben oder keiner christlichen Kirche angehören, erfahren den Effekt des Gebetes. Atheisten und Skeptiker sollen das Gebet ebenso in der Klinik Hohemark nutzen, wie gläubige Menschen.

Die Leitung der Klinik bestätigt die Wirkung von Gebeten, spricht aber nicht von Wunderheilungen. Die Zuneigung zu den Patienten sei der wichtige Indikator für die Wirkung des gemeinsamen Gebetes. Die Liebe und Zuwendung lindere die Schmerzen der Patienten. Das sei der gleiche Effekt, der bei Benutzung von Placebos auftritt. Im Englischen nennt sich der Effekt „Faith Healing“. Das Phänomen beschreibt die Kraft des Gebetes auf den Körper, ohne materiellen Zusatz. Der Mensch muss keine Medikamente zu sich nehmen, um einen spürbaren Heilungsfortschritt zu erleben. Der „Faith Healing“ Effekt tritt nur ein, wenn der Betende eine Auswirkung erwartet und an sie glaubt.

Theologie als Kontroverse

Protestanten, Katholiken und Orthodoxen schätzen das Gebet als wichtiges Element des spirituellen Lebens. In der Orthodoxie gibt es Klöster, die speziell auf das Gebet ausgerichtet sind. Neben dem Herz Jesu Gebet, welches jeden Tag mehrmals wiederholt werden soll, gibt es Klöster, die eine andere Methodik verfolgen. Mönche stehen vor den Toren des Klosters und beten im Wechsel Gebete gegen das Böse, damit es nicht hinter die Klostermauern dringt. Dabei soll eine geistige Schutzwand entstehen. Eine empirische Studie der Universität von Kreta beweist, dass es wenige Krankheitsfälle in Klöstern, in denen besonders viel gebetet werde, gebe.

Beten hilft dem Körper und Gehirn. Das Beten oder die Meditation muss öfter durchgeführt werden, damit ein Effekt auftritt. Regelmäßiges und ausdauerndes Beten oder Meditieren muss geübt werden. Denn Körper und Gehirn müssen in der Achtsamkeit und Ruhe geschult werden. Das ist nicht einfach, im Angesicht der hektischen Lebensweise.

Der Effekt des Betens kann in der Beanspruchung der zwei Gehirnareale für den Schmerz nachgewiesen werden. Kontrovers bleibt, ob eine Heilung des Körpers stattfinden kann. Denn wenn der Stress eine Schwächung des Immunsystems bedeutet und das Beten oder Meditieren dem vorbeugt, ist noch keine Heilung vorhanden. Der Gesundheitszustand des Menschen wird jedenfalls spürbar gesteigert. Der Mensch wird also aus der Hektik herausgenommen und erlebt im meditativen Zustand eine wohltuende Wirkung, welche nicht zwangsweise eine Heilung des Körpers bedeutet. Das heißt letzten Endes, ob Atheist oder Gläubiger, jeder kann den positiven Effekt des Gebetes erleben.

Alexander Radej