Die deutsche Identitätssuche

Papst Franziskus und Kardinal Marx sprechen sich für den Schutz und die Aufnahme von Flüchtlingen aus. Ein Teil der deutschen Bevölkerung hingegen wählt die AfD, welche sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen stellt. Die Ergebnisse sprechen für sich: 14,2 Prozent in Berlin und 20,8 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Mitglieder der CSU sprechen sich gegen eine stärkere Reglementierung der Flüchtlingsaufnahme aus und erhalten Zuspruch von Teilen der Bevölkerung. Kardinal Reinhard Marx sagt dazu, dass nationalistische Strömungen an Zuspruch gewinnen, da sie bei der nationalen Identitätssuche behilflich seien. Ist Deutschland auf Identitätssuche?

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Berlin im September 2016: Die AfD zieht mit 24 Abgeordneten in das Abgeordnetenhaus ein. Schon zuvor hatte Mecklenburg-Vorpommern gewählt und die AfD stellt die zweitstärkste Partei. Rund jeder sechste Deutsche wählt bewusst die AfD, welche nationalistische Interessen vertritt. Der Zulauf der AfD, entsteht durch die Diskussionen in der Flüchtlingsdebatte.

Der Blick nach außen

Deutschland wird im Ausland unterschiedlich wahrgenommen. Wenn man in die Vereinigte Staaten von Amerika schaut, sieht man das Interesse am Münchner Oktoberfest, Würstchen, Bier, Brezel und den Nationalsozialismus. Hingegen wird in Großbritannien, besonders während internationalen n, Deutschland als „Panzerdivision“ dargestellt, welche die Briten, nach dem Sieg für Deutschland im Fußballspiel, überrollt hat. Die Polen hingegen haben die Schlacht bei Tannenberg und den zweiten Weltkrieg nicht vergessen und tragen diese historischen Ereignisse den Deutschen als Missetaten nach. Grundsätzlich gelten die Deutschen als pünktlich und ordentlich. Dazu leben sie die preußische Disziplin.

Als letztes Beispiel dient Griechenland: Aufgrund der prekären Finanzlage und der Reglementierung der griechischen Wirtschaft durch Deutschland und weiteren europäischen Staaten, haben sich die Beziehungen verschlechtert. Griechenland war stets Freund der Deutschen, bis die Auflagen für großes Ärgernis sorgten. Hohe Steuerauflagen und die Veränderungen in der griechischen Wirtschaft haben das Land schwer gebeutelt. Bundeskanzlerin Merkel wird oft kritisiert, da sie das Land in eine, angeblich, noch tiefere Krise gestürzt hat.

Die Identität Deutschlands

Laut der Aussage von Alexander Gauland, dem Mitglied der AfD, können die Deutschen keine Personen mit Migrationshintergrund akzeptieren und mögen. Er sagt, dass die Deutschen keinen Nachbarn mit dunkler Hautfarbe, wie den Nationalspieler Jerome Boateng, haben wollen. Kann Deutschland also nicht „Multikulti“ sein?

Auf die Aussage von Gauland hat die deutsche Gesellschaft sehr negativ reagiert. Die Firma Sixt, hat ihn aufs Korn genommen indem sie Umzugswägen anbot, um von Menschen wie Gauland wegzuziehen. Auf Facebook und in den Medien liefen die Deutschen gegen die Aussage des AfD-Politikers Sturm. In diesem Punkt hat Deutschland eines bewiesen: Es kann „Multikulti“.

Christliche Kultur

Die AfD beruft sich häufiger auf die christlich-abendländische Kultur. Der Schutz der abendländischen Kultur scheint ihr am Wichtigsten zu sein. „Die Islamisierung des Abendlandes muss gestoppt werden“, so ein Wahlspruch der AfD.

Unklar ist, was für die Alternative für Deutschland diese abendländische Kultur zu sein scheint. Jedenfalls fällt es schwer was an der Positionierung der AfD „christlich“ sein soll, wenn Frau von Storch empfiehlt, mit Schusswaffen gegen Flüchtlinge vorzugehen oder Menschen in Kriegsgebiete abzuschieben.

Auch viele der AfD Wähler, sowie Pegida, Legida oder anderen Demonstrationsgruppen scheinen kein Bild von der christlich-abendländischen Kultur zu besitzen. 60 Prozent der „Bewahrer der Kultur“ geben, laut dem Göttinger Institut für Demokratieforschung an, dass sie konfessionslos seien.  Sie stehen den katholischen oder evangelischen Kirchen feindlich gegenüber, da sie Kinderschänder und Unternehmensgruppen seien, die sich nicht für die Menschen einsetzen.

Frauke Petry hat im Februar 2016, die Flüchtlingspolitik der Katholische Kirche als „verlogen“ bezeichnet und die Kirche öffentlich denunziert. Laut Petry tue die Katholische Kirche nichts für ihre christlichen Mitbrüder im Mittleren Osten und „es entsteht ein Ungleichgewicht“ zwischen der Aufnahme von Muslimen und Christen. Kardinal Reinhard Marx antwortete darauf, dass die Kirche keine Gruppe der Hilfsbedürftigen priorisiere, sondern jedem Menschen helfen wolle.

Denken Sie beim nächsten Döner daran:

Nationale Identität ist schwer zu definieren. Deutschland ist seit der Einwanderung von Türken, Vietnamesen, Polen, Rumänen, Bulgaren und anderer Ländern noch vielfältiger geworden als in der Vergangenheit. Ebenso zu beachten ist, dass Asylanten in Deutschland, in der Vergangenheit, bereits diskriminiert wurden. Dieses Problem verschärft sich zu Zeiten von AfD und Pegida.

Schon in den 70er Jahren haben die Lehrer an deutschen Schulen die türkischen Kinder ausgegrenzt. Denn die türkischen Kinder wurden in separate Klassen untergebracht, damit diese unter sich bleiben und ihre eigene Sprache sprechen dürfen.
Unvergessen der Ausspruch, dass im Aldi nur Türken einkaufen würden. Asylantenwohnheime waren ohne Rauchmelder, da dort nur „Ausländer“ wohnten. Menschen mit Migrationshintergrund waren weder als Polizisten, noch als Postbeamte tätig, da sie keine Zulassungen erhielten. Ebenso waren Ausländer schon in den 90ern Schuld daran, dass Deutsche keine Arbeit hatten.

Durch Vorkommnissen, wie in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte, Schlägereien in Flüchtlingsheimen oder terroristischen Anschlägen, ist die Angst vor dem Fremden groß. Deutschland befindet sich auf Identitätssuche. Das Programm der AfD zur Zeit der Flüchtlingskrise, die Wahrnehmung Deutschlands im Ausland aber auch die christliche Kultur können dabei helfen, seine Identität zu finden. Wichtig ist, dass die zu suchende Identität, nicht eine rassistisch-nationalistische Identität wird. Sonst wird Deutschland in alte Muster zurückfallen und die interkulturellen Erfolge werden verschwinden.

Alexander Radej