Baranowka – zwischen Himmel und Hölle

Ein kleines Dorf 100 Kilometer westlich von Kiew. In diesem Dorf steht eine ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats. Ihre Geschichte ist jedoch eine von vielen: Im März 2019 wurde die Gemeinde durch einen Angriff erschüttert. Hunderte Menschen versuchten, die Gläubigen aus der Kirche zu drängen und schlugen dabei Gemeindepriester, Mönche, Nonnen und Gläubige.

Der Tag des Geschehens

Am 10. März 2019 fand die Göttliche Liturgie in der Kirche der Geburt der heiligsten Gottesgebärerin wie gewohnt statt. Jedoch versammelte sich auf der Straße eine große, wütende Gruppe, die in Richtung Kirche marschierte. Ihr Ziel war es, die gläubigen Christen aus der Kirche zu vertreiben. Die Frauen und Kinder wurden in der Kirche eingesperrt, in der Hoffnung, der wütende Mob würde sie nicht erreichen.

Die Gläubigen bemerkten die tobende Menge und die Männer der Gemeinde, darunter ein Mönch und ein Priester, formierten sich vor der Kirche, um den Konflikt zu schlichten und die Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen. Jedoch griff die Menge sofort ein und zog den Priester Roman Klim aus der Menschenmenge, um ihn zu schlagen. Der Mönch wurde in die Hand gebissen, doch die Nonne namens Dimitria stellte sich schützend vor ihn und appellierte an die Menge. Sie war im Dorf als Heldin bekannt, da ihr Sohn im Krieg verstorben war. Dies führte dazu, dass Angreifer die ältere Frau in die Menge zogen und auf sie einschlugen.

Die Gläubigen beteten innerhalb und außerhalb der Kirche ununterbrochen in der Hoffnung, dass Gott ihnen helfen würde.

Als das Schloss der Kirchentür mit einer Säge geöffnet wurde, standen die Frauen bereits an der Tür mit Ikonen in den Händen und beteten weiter. Dennoch eskalierte der Streit und die Gläubigen wurden vertrieben. Sie mussten einen Gang passieren, der von den Angreifern gebildet worden war. Dort wurden sie mit Eiern oder Tomaten beworfen und einige wurden auch geschlagen.

Die Polizei versuchte vergeblich, den Streit zu schlichten und die Menge zu beruhigen, um Verletzte zu vermeiden. Laut Augenzeugenberichten sollen die Polizisten eher passiv agiert und den Streit teilweise sogar gefördert haben.

Die Angst geht um

Nach dem Angriff stand die angegriffene Kirche verlassen da. Weder die Angreifer, die sie für die neu gegründete ukrainisch-orthodoxe Kirche übernommen hatten, noch die ursprünglichen Gläubigen waren anwesend. Später zog die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchates wieder in ihre ursprüngliche Gemeinde ein. Der Priester Roman Klim erinnert sich: „Zuerst waren wir 5 – 10 Gläubige. Doch mit fortlaufender Zeit wurden wir mehr. Irgendwann waren wir mehr Gläubige am Sonntag, als vor dem Überfall.“

Die Priester fühlen sich jedoch schuldig. „Die Frauen und Kinder in der Kirche zu ihrem Schutz einzusperren war falsch.“, so der Priester Roman Klim auf Anfrage. Jedoch wusste man nicht sie nicht wie mit der Situation umgegangen werden sollte und hoffte, dass sich die Lage schnell beruhigen würde.

Es wurde ebenso die OSZE und andere internationale Organisationen um Hilfe gebeten. Ein OSZE Beobachter sollte die Kirche besucht haben, jedoch blieben nach 3 Monaten Reaktionen aus, was die Gemeinde sichtlich ernüchtert.

Der Zusammenhalt wird stärker

Wochen nach dem Überfall, stieg die Zahl der aktiven Gläubigen an. Es formierte sich ein stiller Widerstand gegen die Überfälle und die spirituelle Praxis wuchs. Genau jenes erfreut auch wiederrum die Priester der Kirche. Roman Klim sagt dazu: „Es ist ein tragisches Ereignis gewesen. Doch freuen wir uns über jeden neuen Gläubigen der unsere Kirche betritt, weil sie sich mit uns solidarisch zeigen und für unsere Gemeinde beten.“ Auf die Frage, ob die Gemeinde Angst vor einem weiteren Angriff habe, antwortete man mit einem „Was soll uns jetzt noch passieren?“.

Hier geht es zu einem zusammengeschnittenen Video der Union of Orthodox Journalists.

Alexander Radej