Anstand und Religion

Wer kennt das Problem nicht: Kulturreisende betreten im Urlaub eine Kirche in Shorts, Minirock oder Tanktop, anstatt angemessener Kleidung zu tragen.Dabei sollte eine Kirche aus Respekt vor der Kultur, Tradition und Religion angemessen betreten werden, nicht um Gottes Willen. Wir sollten auch unsere eigenen Prinzipien beachten und respektieren, da das Überschreiten der Regeln einer Gemeinschaft stets gleichzeitig eine Überschreitung der Regeln einer anderen Gemeinschaft bedeutet.

von kirkandmimi – pixabay

Jeder orthodoxe Christ kennt das Protokoll: Sobald man die Kirche betritt, sollte man sich angemessen kleiden. Frauen tragen lange Röcke und Männer lange Hosen, während freie Schultern vermieden werden sollten. Gelegentlich wird auch von Frauen erwartet, ein Kopftuch zu tragen, jedoch ist dies nicht in allen Nationalkirchen erforderlich.In der Kirche wird das Kreuzzeichen gemacht und wer mit dem Ritus vertraut ist, verehrt die Ikonen.

Leider befolgen Reisende, die Klöster oder Kirchen besuchen, diese Regeln nicht immer. Kurze Röcke, ärmellose Shirts und laute Gespräche sollten in Kirchen vermieden werden. Orthodoxe sowie katholische Kirchen im Ausland versuchen Reisenden durch das Verleihen von Tüchern, die Regeln der Kirche näherzubringen. Diese bedecken Schultern und nackte Beine, um einen anständigen Kirchenbesuch zu gewährleisten.

Verhältnis zwischen Anstand und Religion

Der Mensch soll sich an gewisse Regeln, innerhalb der Religion, halten. Er betritt einen sakralen Raum, worin sich traditionelle und religiöse Wirklichkeit widerspiegeln. Genau diese Begegnung mit der anderen Religion und Gott soll anständig geschehen.

Ich soll die Religion des Anderen respektieren, indem ich mich bemühe in allen meinen Interaktionen anständig mit ihr umzugehen. Damit ist neben der Kleidung, auch die richtige Verhaltensweise gemeint. Ich sollte meine persönliche Meinung zurückhalten und die Kirche nicht als Museum betrachten, das schnell durchschritten wird, um Fotos zu machen. Fotografieren ist in Gotteshäusern ohnehin tabu, da das Blitzlicht Fresken beschädigen kann.

Außerdem hat jede Kirche das Hausrecht und die Gläubigen bestimmen, was angemessen ist. Jede Religion hat ihre eigenen Regeln. Genau diese gilt es zu beachten. Denn der Respekt gegenüber der Religion zeigt sich nicht, indem ich die Regeln breche, sondern in dem ich sie befolge und ehre. Wenn der Besuch beendet ist, kann das alltägliche Verhalten wiederaufgenommen werden.

Alles Erziehung?

Es gibt zwei Arten der Erziehung in Bezug auf den Respekt gegenüber andersgläubigen Gemeinschaften. Eine führt zu einem gesunden Respekt vor allem Fremden, während die andere den Menschen die Werte und Prinzipien der eigenen Religion lehrt. Beides ist von großer Bedeutung. Wie kann ich Respekt gegenüber einer fremden Religion zeigen, ohne gegen meine eigenen religiösen Grundsätze zu verstoßen? Die Fragestellung lautet: Wie weit kann ich mit den Prinzipien einer anderen Religion übereinstimmen, ohne meine eigenen Prinzipien zu vernachlässigen?

Dies ist zum Teil eine individuelle Entscheidung. Wenn ich meine Entscheidung mit meinem Gewissen vereinbaren kann, sollte ich sie umsetzen. Allerdings sollte ich darauf achten, dass es nicht zu einem Ökumenismus kommt, indem ich an jedem Ritus einer anderen Religion teilnehme, sofern es mir gestattet ist. Letztendlich stellt Ökumenismus das Überschreiten der Grenzen anderer Religionen dar, das allerdings aufgrund fehlender Prinzipien problematisch ist. Denn das Überschreiten meiner Regeln würde die Tradition des Anderen verletzen, da ich mich nicht respektvoll zurücknehmen würde. Der Erziehung sollte daher vermittelt werden, dass man seine eigene Religion ehrt und an seinen Prinzipien festhält, während man gleichzeitig andere Religionen respektiert und sich in Demut zurückzieht. Dies schließt auch die Ablehnung der Teilnahme an rituellen Handlungen anderer Gemeinschaften ein.

Kirchen sind keine Museen

Häufig sieht man Urlauber, die eine Kirche betreten und nicht respektvoll mit den Traditionen anderer umgehen. Dadurch werden religiöse Gefühle verletzt und Grenzen überschritten. Es wird mehr beansprucht, als eigentlich erlaubt ist.

Viele orthodoxe Kirchen betonen, dass ein respektvoller Umgang mit Religion in der heutigen globalen Welt von großer Bedeutung ist. Das bedeutet, dass ich als Nicht-Angehöriger des Ritus nicht teilnehmen kann, um meinen eigenen Prinzipien treu zu bleiben und nicht in eine fremde Religion einzudringen, ohne ihr anzugehören. Somit dient dies dem Schutz der Kirchen und als eine Art Bildungsmaßnahme für den Besucher.

Letztendlich ist eine Kirche kein Museum und die Liturgie keine religiöse Veranstaltung, die „einfach mal so“ besucht werden kann. Es handelt sich um Orte, die mit religiösen Gefühlen und Prinzipien gefüllt sind, welche nicht überschritten werden dürfen. Daher sollte der Besucher angemessen gekleidet und mit Respekt eine Kirche betreten sowie sich in Demut zurückhalten. Er muss den Verhaltensregeln der Kirche folgen und kann möglicherweise etwas für sein Leben lernen. Es sollte vermieden werden, dass der Mensch zum reinen Erlebnisjäger wird, indem er an jeder Veranstaltung teilnimmt und jeden Ritus ausführt.

Alexander Radej