Streit um die Lukasgemeinde in Frankfurt
Am 19.01.2020 haben sich die Gemeindemitglieder der serbisch-orthodoxen Lukasgemeinde in Frankfurt vor dem Ökumenischem Zentrum Christuskirche getroffen. Grund dafür war der Aufruf Goran Andjic die Lukasgemeinde zu erhalten, da die Priesterschaft in Frankfurt am Main beschloss die Räume zu verlassen. Auf der Veranstaltung wurde gebeten die Petition für den Erhalt der Gemeinde zu unterschreiben, welche am Abend über 4.000 Unterzeichner fand.
Mehrere hunderte Menschen folgten dem Aufruf. Es war eine ruhige und feierliche Veranstaltung. Blumen wurden vor den Eingang der ehemaligen Kapelle gelegt, Menschen hielten Kerzen in den Händen und beteten. Gemeinsam redete man über den Vorfall und über die Zukunft der Lukasgemeinde. Die Menschen versorgten sich mit Essen und platzierten diese auf den Parkbänken vor der Kapelle. Die Kirche war abgeschlossen. Männer und Frauen trugen Unterschriftenlisten bei sich, um für die Petition zu werben. Außerdem wurde ein Zettel an die Kirchentür gehängt, mit dem Vermerk, die Kirche sei geschlossen und die Gemeinde würde gegen den Auszug protestieren.
Die Priesterschaft der beiden serbisch-orthodoxen Gemeinden in Frankfurt haben im November 2019 beschlossen, die Gemeinde des Heiligen Lukas im Frankfurter Westend bis zum 01.02.2020 zu schließen. Bereits am Abend des 14.01.2020 wurden, ohne vorherige Absprachen mit den Gemeindemitgliedern, erste Ikonen aus der Kirche entfernt. Das führte zum Eklat. Eine Augenzeugin berichtet von dem Vorfall: „Ich habe hier in der Nähe etwas zu tun gehabt, dann bin ich um 20:15 Uhr hier vorbeigegangen. Es war alles normal. Gegen ca. 22:30 Uhr bin ich auf dem Heimweg gewesen. Da habe ich gesehen, dass in der Kirche Licht brannte, die Türen offen standen und das Menschen mit Tüten und Ikonen aus der Kirche gekommen waren. Vor der Kirche stand ein weißer kleiner Bus. Ich bin dann in die Kirche reingegangen. Was ich sah, schockierte mich: Die Männer haben Ikonen, das Altartuch und weitere Gegenstände entfernt. Einige Sachen lagen noch auf dem Boden verstreut. Leider funktionierte mein Telefon nicht und ich konnte die Situation nicht so schnell abfotografieren. Einer der Männer kam dann plötzlich rein. Ich habe ihn gefragt, was sie eigentlich hier machen. Dann sagte er zu mir: „Wir ziehen um.“, ich fragte, wer umziehen würde. Er antwortete mir: „Die serbisch-orthodoxe Kirche.“ Darauf entgegnete ich ihm: „Nein! Wir sind die Kirche. Heute ist ein sehr hoher Feiertag und da machen sie am Abend sowas?“ Daraufhin bejahte er das. Ich bin dann raus aus der Kirche. Ich war total erschüttert und habe versucht jemanden anzurufen, aber ich war zu schockiert. Dann ist der Mann hinterhergekommen und sagte mir: „Komm bitte zurück und ruf keinen an“. Und dann meinte ich „Das denkst du! Ich rufe unsere Brüder und Schwestern an.“. Ich habe mich auf dem Weg versucht zu sammeln und habe dann Goran Andjic angerufen. Er war genauso schockiert wie ich. Nach ca. 20 Minuten waren dann plötzlich 20 Leute von uns hier. Die Arbeiter sind aber geflohen. Das Licht war aus und niemand war mehr da.“
Jedoch war der 14. 01.2019 nur die Spitze des Eisbergs. Die Problematik der Kirchenschließung existiert seit November und fand jetzt seine Höhepunkt. Goran Andijc ist der Ersteller der Petition gegen den Auszug aus den Räumen des Ökumenischem Zentrum der Christuskirche. Wir haben mit ihm über die Situation gesprochen: „Es wurde uns kurzfristig gesagt, dass wir hier am 01.02.2020 aus- und in die neue Kirche im Gallus einziehen. Wir haben versucht eine Lösung mit der Priesterschaft zu finden, aber mir wurde gesagt, ich soll mich nicht in Kirchenangelegenheiten einmischen. Wir sind mit dem Umzug nicht einverstanden und deswegen habe ich die Petition gestartet, um den Auszug zu stoppen. Inzwischen wurde eine Kommission von unserem Bischof Grigorije ausgesandt, damit die Lage untersucht wird. Es gibt einen Termin mit den Gemeindemitgliedern und mit der evangelischen Gemeinde.“ Auf die Frage ob sich die Kirche finanziell lohnt, sagte Herr Andjic: „Die Kirche kostet 700 Euro im Monat, also 8400 Euro jährlich. Wir haben genug Kapital und Sponsoren, die das zahlen würden. Es gibt Leute, die gesagt haben, wir übernehmen die Kosten und erhalten die Kirche. Geld spielt hier keine Rolle, die Kirche ist gut besucht. Jeden Sonntag sind sehr viele Gläubige da. Wir sind ungefähr 40.000 serbisch-orthodoxe Christen im Einzugsgebiet. Es gibt keinen Grund umzuziehen.“ Ob die neue Kirche nicht praktischer sei, sagte er: „Es stimmt die Kirche im Gallus haben wir gekauft und die müssen wir umbauen. Ich habe viele Personen zusammengerufen um die Kirche mitzubauen. Wir errichten auch einen Gemeindesaal und alles. Wir brauchen aber das Geld dieser Gemeinde um die Kirche fertigzustellen. Ebenso kommen behinderte und ältere Leute hier lieber hin, weil sie nicht weit weg wohnen und es eine sehr gute U-Bahnverbindung gibt. Im Gallus ist das etwas schwierig, nicht jeder ist mobil genug. Außerdem kommen hier Leute her, die seit 40 Jahren in der Gemeinde sind. Ich wurde hier getauft und mein Sohn wurde hier getauft. Der Wegzug tut uns weh.“ Zur Priesterschaft äußert sich Goran Andjic kritisch: „Vater Simon hat keinen Stand mehr bei uns. Paar tausend Leute sind wütend und wollen nicht mehr in die neue Kirche gehen, weil sie enttäuscht wurden. Damit brodelt auch die Gerüchteküche. Es gab drei Priester, die den Standort gewechselt haben. Die Gründe werden unter den Teppich gekehrt. Es wurde gesagt, sie wollten weggehen. Aber jetzt merken wir, das wir normale Gemeindemitglieder die wahren Gründe nicht zu kennen scheinen. Wir haben hier mit den Konfessionen ein sehr gutes Verhältnis. Keiner will das wir gehen. Ich bin jetzt dabei herauszufinden warum wir hier ausziehen müssen.“
Spalten möchten die Mitglieder der Lukasgemeinde nicht. Personen betonten, es ginge um den Erhalt der Kirche und nicht um den Kampf gegen Einzelpersonen und den Klerus. Denn es gebe für die Gläubigen keinen ersichtlichen Grund die Kirche zu schließen. Außerdem sind die Gemeindemitglieder unzufrieden mit dem Umgang zwischen Klerus und Volk. Eine Frau betonte bei unseren Recherchen, sie fühle sich unverstanden und möchte vom Klerus wertgeschätzt werden, da sie die Gemeinde im Gallus mitgestaltet hat, obwohl sie Sonntags immer in der Lukasgemeinde anwesend war.
Vater Simon Turkic sagte zu dem Vorfall: „Es ist normal, dass Gemeinden aus alten Kirche ausziehen. Wir haben uns hier eine Kirche gekauft. Das ist unser Eigentum. Wir möchten hier ein orthodoxes Zentrum aufbauen, mit einer großen Kirche und einem Gemeinderaum. Hier vorne ist ebenso ein Kindergarten, den möchten wir auch kaufen. Aber ich verstehe die Gläubigen. Da hängen Emotionen an der alten Gemeinde. Es wurden in dieser Kirche Menschen getauft, beerdigt, vermählt. Ich bin selber traurig, dass wir die Räume verlassen werden. Jeder ist hier im Gallus willkommen und wir werden uns eine Heimat schaffen. Wir geben uns Mühe einen Ort für immer zu erschaffen. Es kann sein, dass ich morgen nicht mehr hier bin. Nach mir soll das hier alles weiter existieren.“ Auf die Frage, ob im Rhein-Main Gebiet eine zweite serbisch-orthodoxe Kirche sagte Vater Turkic: „Ich bete jeden Tag dafür, dass wir eine zweite serbisch-orthodoxe Kirche in Frankfurt benötigen und kaufen können.“
Aus einer der Redaktion zugespielten Predigt von Vater Simon Turkic geht hervor, dass die Lukasgemeinde aufgrund des Kaufes der neuen Kirche im Frankfurter Stadtteil Gallus geschlossen werden sollte. Denn es sei mit den anderen Kirchengemeinden des Ökumenischem Zentrum Christuskirche beschlossen worden, die serbisch-orthodoxe Kirche würde nach dem Kauf der neuen Kirche den Umzug angehen. Diesem Druck gab die Priesterschaft in Frankfurt nach. Diese Aussage wurde jedoch vom serbisch-orthodoxen Klerus in Frankfurt wieder revidiert. Die Predigt vom Gemeindevorsteher Vater Simon Turkic wurde jedoch von den Mitgliedern der Lukasgemeinde im Vorfeld stark angezweifelt. Die evangelische Pfarrerin Frau Egler-Köksal wollte sich dazu nicht gegenüber Orthodoxia-News äußern.