Wie sich die Kirchen trennten
Orthodoxe und Katholiken gehen seit 1054 getrennte Wege. Die Trennung vollzog sich in Konstantinopel, als Humbert von Silva Candida die Exkommunkationsbulle des Papstes auf den Altar der Hagia Sophia legte. Die Reaktion folgte zeitgleich: Patriarch Michael I. exkommunizierte die Kirche von Rom ebenfalls. Dieses Ereignis wird als radikale Zäsur gesehen. Jedoch war die Trennung ein langer Prozess, der im 6. Jahrhundert begann und im 16. Jahrhundert endete.
Die Trennung der heutigen katholischen und der orthodoxen Kirche dauerte Jahrhunderte. Viele theologischen Positionen trennten die Kirchen schon in den frühen Jahrhunderten. Denn durch die Synode von Orange 529, wurde die Erbsünde zum Glaubensgrundsatz der Westkirche. Der Azymenstreit, in der die Frage, welches Brot für die Kommunion verwendet werden sollte, feuerte die theologischen Debatten weiter an. Später, als Karl der Große von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt wurde und Gebietsansprüche an Byzanz stellte, schien die Kirche vollends auseinanderzubrechen.
Ost und West – Ein Unterschied
Schon seit der Entstehung der ersten Gemeinden, stand der griechisch philosophische Osten dem juristisch-politischem Westen gegenüber. Der Osten war geprägt von vielen Philosophen wie Aristoteles oder Platon. Besonders Letzter hat die Orthodoxie nachhaltig beeinflusst. Der Westen hatte aufgrund seines großen Verwaltungsapparates, was eines der wichtigsten Vermächtnisse des alten Roms war, beibehalten. Somit waren beide Traditionen unterschiedlich und das spiegelte sich auch in den Heiligen wieder: Auf der einen Seite sind viele Theologen, beispielsweise Chrysostomos oder Basileos, zu Heiligen erklärt worden. Auf der anderen Seite standen Augustinus oder Tertullian, die mehr auf Regeln als auf Theologie wert legten.
Die unterschiedlichen Denkweisen zeigten sich auch in den theologischen Fragestellungen. Die Orthodoxe Kirche versuchte die Theologie mit dem Platonismus zu erklären und bezog sich des Weiteren auf Dionysius von Areopagita, welcher für die Negativ Theologie den Grundstein legte. Die Kirche von Rom betonte stark die Lehren des Augustinus von Hippo, welcher die Sündhaftigkeit des Menschen in den Vordergrund stellte.
Theologische Defizite
Es gab zwei wesentliche Unterschiede der Theologien: Das philosophische Byzanz verzichtete größtenteils auf eine Dogmatisierung der Glaubensgrundsätze, Rom jedoch hatte, aufgrund seiner juristischen Vergangenheit, die Lehrmeinung festgesetzt. Jedoch trennten sich die Kirchen nie, sondern bekannten immer wieder, dass sie ein Leib seien. Besonders deswegen, da sie bei grundlegenden christologischen Fragen, die in den ersten sieben ökumenischen Konzilen diskutiert wurden, einer Meinung waren.
Jedoch gab es einige wegweisende Auseinandersetzungen. Zuerst der Azymenstreit, welcher die Frage nach der Form des Brotes während der Kommunion stellte. Sollte das Brot gesäuert, wie es in der Bibel erwähnt wird, oder ungesäuert, wie es aus der jüdischen Tradition stammte, genutzt werden. Dabei teilten sich die Meinungen und die orthodoxe Kirche nutzt das gesäuerte und die katholische das ungesäuerte, besser bekannt als Hostie. Ein weiterer Punkt war das Filioque. Dieser Glaubensgrundsatz beinhaltet, dass der Heilige Geist vom Vater und vom Sohn abstammt. Diese Idee entstand in Rom und stieß auf wenig Begeisterung. Erst im Jahr 1215, lange nach der Trennung zwischen Ost und West, wurde das Filioque zum Dogma der katholischen Kirche erklärt. Auch die Erbsündelehre, welche auf der Synode von Orange festgelegt wurde, war ein theologisches Defizit. Jedoch war keines der Diskussion ein wirklicher Trennungsgrund im Jahr 1054 gewesen, da die Ideen lange vor dem Schisma entstanden und in Byzanz über Jahrhunderte bekannt waren.
Machtkampf
Der wahrscheinlichste Grund für die Trennung befindet sich in der Politik. Der Kaiser des alten Roms residierte seit der Tetrarchie nicht mehr regelmäßig in der Hauptstadt, was die Machtposition in den Osten Europas verlagerte. Es entstand ein Machtvakuum in Rom, welches der Papst teilweise ausfüllte. Hingegen machte der Kaiser in Byzanz größtenteils die Theologie, was in Rom, aufgrund des fehlenden Herrschers, der Papst bestimmte. So war der Patriarch von Konstantinopel, und die im Exil lebenden Patriarchen von Antiochien, Jerusalem und Alexandrien, direkt unter dem Einfluss des Kaisers. Der Einfluss des Herrschers zeigte sich besonders in theologischen Meinungsverschiedenheiten: Sobald der Patriarch eine andere Meinung als der Kaiser hatte, wurde er abgesetzt und ein neuer Patriarch wurde an seiner Stelle gewählt. In Rom geschah das nicht.
Das Machtvakuum in Rom wurde vollständig durch die Krönung Karl des Großen durch Papst Leo III. ausgefüllt. Der neue Herrscher stellte die Legitimation der byzantinischen Kaiserin Irene infrage und trat an ihre Stelle. Das führte zu Gebietsansprüchen auf heutige italienische Inseln, noch zum Byzantinischen Reich gehörten, und Teile des heutigen Albaniens. Diese Konfrontation beeinflusste auch die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel. Besonders, weil zwei politische Führer einen starken Einfluss auf die Ost- und Westkirche hatten. Letzten Endes werden die politischen Probleme für eine Trennung zwischen den Kirchen geführt haben. Die theologischen Probleme wurden über die Jahre hinweg immer wieder ausgeblendet, besonders auf dem Konzil von Ferrara und Florenz. Deswegen war das bedeutende Problem, die politische Situation.